Ihr Dienst ist Dienen
Junge Repräsentanten einer dienenden Kirche.
»EINE KIRCHE, die nicht dient, dient zu nichts!» Mit diesem berühmten Wortspiel beschreibt der französische Bischof Jacques Gaillot das Wesen der Kirche und lebt selbst glaubwürdig nach diesem Grundsatz. Die Kirche ist der Ort, an dem Menschen zum Dienen bereit sind.
Einer der ältesten liturgischen Dienste der Kirche ist der Dienst der Meßdiener, die früher die Bezeichnung »Akolythen« trugen. Sie bekamen sogar eine Weihe. Wohl in Anlehnung an diese »Akolythen-Weihe« werden in vielen Gemeinden die Meßdiener und Meßdienerinnen in einer liturgischen Feier in den Dienst der Gemeinde aufgenommen. Und es sind Tausende junger Leute, vom Erstkommunionalter bis in die Zeit jungen Erwachsenseins, die in den Gemeinden Deutschlands ihren liturgischen Dienst tun, und weltweit ist die Zahl ganz gewiß unüberschaubar; Meßdiener gibt es in Rom ebenso wie in Stockholm und in Chicago ebenso wie in Seoul.
Meßdiener sind keine liturgischen Oberkellners wie es einmal jemand ein wenig ironisierend bemerkt hat. Ihre Hauptaufgabe besteht nicht darin, dem Priester bei der Messe ein paar Handreichungen zu machen und die Gaben von Speise und Trank »anzureichen« und dem Priester die Hände zu waschen; das alles kann dieser natürlich auch allein. Auch die ausgefeilte Technik des Weihrauchschwenkens konnte von Familienvätern oder Rentnern eingeübt und ausgeübt werden – auch wenn man neidlos zugeben muß, daß die Virtuosität des Um-gangs mit dem qualmenden Gefäß tatsächlich bei vielen Meßdienern unübertroffen ist: den Qualm dosieren; sich dabei nicht mit den weiten Ärmeln in den dünnen Ketten des Fasses verheddern; beim Anschlagen der Ketten einen gleichmäßigen, rhythmischen Klang von Metall erzeugen; beim Schwenken des Weihrauchfasses Kraft mit Grazie verbinden … das können nur Meßdiener. Und dennoch: Die Handreichungen sind eigentlich verzichtbar. Die Messe ist auch ohne Meßdiener gültig.
Aber eine Kirche, in der die junge Generation nicht sichtbar präsent ist, ist »ungültig«; sie würde zum Museum einer vergangenen Zeit; Leben würde ihr fehlen … und Dienen!
Denn zunächst ist es ja ein faszinierender Gedanke, daß junge Leute nicht nur an den Orten jugendlicher Lebensfreude anwesend sind, sondern auch im strengen Ritual einer liturgischen Feier, in der es nicht auf jugendliche Selbstentfaltung, sondern auf die Einordnung in ein System von vorgebenden, oft schwer verständlichen rituellen Ausdrucksformen ankommt. Und dabei haben ja die Meßdiener nicht selten das Gefühl, daß sie sich in eine weitgehend von Erwachsenen dominierte Gemeinschaft zu integrieren haben: Sind sie nicht manchmal die einzigen jungen Leute im Gottesdienst?
Und gerade deshalb sind so wichtig: Sie zeigen, daß sie um die Wichtigkeit der »Sache« wissen, der sie dienen. Ihr Dienst besteht ja vor allem darin zu zeigen, daß das Reich Gottes, also die Gegenwart Gottes in allen Lebensbezügen des Menschen, auch das Ziel ihrer manchmal diffusen und ungeordneten Sehnsucht ist. Sie dienen einer großen Sache, der größten, die es gibt. Und sie spüren dabei oder ahnen es jedenfalls manchmal, daß diese »große Sache« auch sichtbar und verantwortungsvoll von der jungen Christen-Generation mit angepackt werden muß.
Und sie wissen auch, daß man innere Kraft braucht; denn sie werden von den Gleichaltrigen nicht nur beneidet, sondern manchmal auch gehänselt und verlacht. Wie Jesus, als er diente! Deshalb ist die Nähe zu Jesus der tiefste Sinn ihres Dienen- Wollens und zugleich die Quelle, aus der das alles kommt.
Menschen, die vielleicht lange den Kontakt zur Kirche verloren haben, erinnern sich manchmal mit Wehmut an ihre »Meßdiener-Zeit«, das sitzt oft ganz tief. Denn dieser Dienst prägt das Leben, er ist nicht nur eine Episode der Kindheit.
Ulrich Zurkuhlen