Auf geht’s!
Es gibt natürlich keine genauen Zahlen, aber Experten schätzen, dass es in Münster mehr Fahrräder als Einwohner gibt. Ob allerdings alle Fahrräder einen Besitzer haben, darf bezweifelt werden. So wie auf unserem Bild sieht es an vielen Stellen in der Stadt aus, ganz besonders im Umfeld des Bahnhofs. Ein teil der Räder sieht auch so aus, als ob sie seit Jahren hier draußen ständen. Da mag Münster noch so stolz auf sein Fahrrad-Parkhaus vor dem Bahnhof sein: Die Zahl der sichtbaren Fahrräder hat sich wohl kaum verringert. Ich habe vor einiger Zeit einen Test gemacht: Ich habe unter dem Sattel von fünf Rädern hinter dem Bahnhof kleine Gummiringe angebracht. Ich wollte nämlich sehen, was aus den Rädern wird. Von Zeit zu Zeit habe ich kontrolliert; auch jetzt nach mehr als fünf Jahren stehen die gekennzeichneten Räder immer noch da.
Es gibt noch andere Probleme: Das Fahrverhalten vieler Radfahrer ist bisweilen dramatisch schlecht. Viele Radfahrer fahren auch jetzt in der dunklen Jahreszeit ohne Licht. Auf Straßen kommen mir, wenn ich mit dem Auto fahre, oft Radfahrer in falscher Richtung entgegen. Auf Fußwegen droht mir oft ein Zusammenstoß mit Radfahrern. Das ist allerdings wohl ein Massenphänomen und hat mit Massenpsychologie zu tun. Denn wenn ich Autofahrer bin, ärgere ich mich über die verflixten Radfahrer; und wenn ich mit dem Fahrrad fahre und wahrscheinlich genauso falsch fahre wie die anderen, ärgere ich mich über die Autofahrer.
Dabei ist das Fahrrad besonders im Stadtverkehr das Verkehrsmittel der Zukunft: Es nimmt weniger Platz ein als Autos, ist ökologisch unbedenklich, kann auch Gepäck in geringen Mengen mitbefördern. Es ist auch in der kalten Jahreszeit ganz gesund, mit dem Fahrrad zu fahren, es schafft Bewegung gerade für solche, die viel am Schreibtisch arbeiten müssen, und es Bewirkt Solidarität mit anderen. Und notfalls kann man es auch ein Stück tragen.
Zwei Dinge sind mir noch besonders wichtig, gerade jetzt am Jahresbeginn: Radfahrer fahren immer nach vorn, sie können nicht rückwärts fahren. Mein Fahrrad hat 21 Vorwärtsgänge, aber keinen einzigen Rückwärtsgang. Das wäre ein wunderbares Programm für das Neue Jahr 2008: nicht immer zurück blicken und darüber trauern, was alles im Lauf der Zeit verloren gegangen ist; auch in der Kirche gibt es ja leider einen Rückwärts-Trend: Halten wir es lieber mit den Radfahrern: immer nach vorn, immer auf Zukunft hin!
Und: Beim Rad fahren kommt man nur weiter, wen man das Gleichgewicht hält. Extreme verträgt das Radfahren nicht. Man muss schön gleichmäßig die bewegen, sonst fällt man um. Auch das ist ein gutes Zukunftsprogramm: nicht Extremen verfallen, sondern für Ausgleich und Gleichgewicht sorgen.
So wollen wir das neue Jahr wie ein Radfahrer beginnen: nicht als Falschfahrer, sondern als einer, der die Richtung nach vorn hält, ohne rückwärts zu schauen, und als einer, der im Gleichgewicht ist.