Weihnachten in Freiburg.
Mitten im Hochsommer, am heißesten Tag des Jahres 2009, als die Leute ihre Füße in den Bächlein in der Freiburger Innenstadt abkühlten, habe ich die schönste Weihnachtsdarstellung, die ich kenne, gesehen. Das Hauptportal des Freiburger Münsters gehört zum kostbarsten Bildprogramm der Gotik. Das Portal ist Ende des 13. Jahrhundert geschaffen, das Portal am Straßburger Münster war dem Künstler wohl nicht ganz unbekannt. Ungewöhnlich ist die farbige Gestalt der Steinfiguren, die sehr leicht wirken und manchmal auch ein bisschen humorvoll geschaffen sind. Da mein Fotoapparat versagte, habe ich einige Karten des Freiburger Bildprogramms im Laden gekauft.
Unter den vielen wunderbaren Einzeldarstellungen ist das Weihnachtsbild besonders bemerkenswert. Rechts im Bild scheint der heilige Joseph ein bisschen sauer zu sein, dass er nur eine Nebenrolle in dem Geschehen spielt. Nachdenklich stützt er seinen Kopf in die Hand. Die anderen Randfiguren wirken so, als ob hier eine Liturgie gefeiert würde: Ein Engel schwingt das Weihrauchfass, wie es jeder einigermaßen gute Messdiener macht. Ein anderer lächelnder Engel faltet andächtig die Hände, wiederum ein anderer trägt die Evangelienkerze. Ein Engel breitet andächtig die Hände aus.
Das Kind wirkt sehr lebendig. Es hat sich mit dem Arm auf den Rand seiner Krippe aufgestützt, und Maria, die in kostbaren Bettlaken liegt, wie sie wohl in einem Stall ziemlich unüblich sind, umarmt mit der linken Hand das Kind, während sie mit der rechten das Kind streichelt oder auch am Kinn krault. Maria sieht sehr jung aus, und sie ist obendrein sehr hübsch. Ihr Bett ist wie ein Thron, während das Kind oben drüber in einem geflochtenen Korb liegt. Der Ochs bedient sich aus diesem Korb, und der Esel sieht ein bisschen sehnsüchtig zu. Lustig übrigens auch, das der Esel die Frisur eines Ponys hat, und der Ochse trägt goldene Hörner.
Aber das Kind! Das ist kein Baby mehr, sondern ein schon etwas herangewachsenes Kind mit schönen blonden Locken und einem sehr freundlichen, wachen Blick. Es scheint dem nicht mehr ganz Kleinen richtig gut zu gehen. Der Künstler hat es wirklich sehr gut gemacht, dass das Kind wirklich sympathische, göttlich Aura widerspiegelt. Es herrscht bei dem Kind und den anderen eine gute, fröhliche Atmosphäre, auch Joseph scheint ein bisschen zu lächeln.
Es ist etwa die Stimmung, die in manchen Weihnachtsliedern durchklingt: keine Betrübnis angesichts der etwas beengten Stall-Atmosphäre, sondern reine Freude. Gott ist mitten in unserer Welt angekommen, und er ist gekommen in der Gestalt eines Kindes, aber eines solchen sympathischen Kindes, wie es der Künstler in Freiburg dargestellt hat.