Feuer.

Das Feuer ist eines der vier Naturelemente: Feuer, Wasser, Luft und Erde. Alle vier Elemente sind mehrdeutig: Luft kann Menschen ins Unglück treiben, z.B. wenn einer keinen Halt findet, aber sie kann auch segensreich sein, man denke an die Luftfahrt, aber auch daran, dass der Mensch Luft atmet und dadurch lebt; ohne Luft kein Leben! Erde ist ohne Frage das Element, auf dem wir leben, aber die Erde kann, z.B. durch Vulkane oder Erdbeben, Unglück auslösen. Das Wasser ist einerseits die Voraussetzung für alles Leben, aber es kann auch tödlich sein. Schließlich das Feuer: Es kann einerseits fürchterlichen Schaden anrichten bei Bränden, andererseits reinigt es, vernichtet Unrat und kann zum Segen werden. In der Religion hat das Feuer seit altersher eine hohe Bedeutung, es ist nicht selten sogar ein Zeichen der Gottesnähe.

Zwei  dieser Gottesfeuer sind auf einem der Eingangsportale der Kirche St. Paul in Bocholt abgebildet. Die beiden bronzenen Türflügel sind von der großartigen Künstlerin Hildegard Bienen gestaltet, die auch die anderen Kunstwerke in St. Paul geschaffen hat; die Kirche St. Paul ist nach meinem Geschmack eine der schönsten modernen Kirchen des Bistums Münster. Schade, dass sie in Kürze keine Pfarrkirche mehr sein darf.

Auf dem linken Türflügel ist die Geschichte vom brennenden Dornbusch dargestellt. Mose kniet auf der Erde, er hat seine Sandalen ausgezogen; denn der Ort ist ein heiliger Ort. Mose betet. Und vor ihm ist der gigantische Holzstrauch, der zwar brennt, aber nicht verbrennt. Gott ist nicht zu sehen, aber die Bibel sagt, dass Gott aus dem Feuer spricht; Mose nimmt die Stimme wahr. Ob die Künstlerin Spuren der Gottesgegenwart geschaffen hat? Deutlich ist zu sehen dass Flammenzungen oben aus dem Dornbusch steigen. Es ist ein schöner Gedanke, dass Gott ausgerechnet im Feuer erfahrbar wird; wie die Gottesstimme zu verstehen ist, bleibt ein Geheimnis, aber das Reinigende des Feuers und zugleich das Leuchtende, Wärmende sind ahnbare Zeichen der Gegenwart Gottes. Mose versteht das; denn jetzt weiß er: Gott ist der, der immer da ist; wo Menschen sind. Da  ist Gott gegenwärtig.

Auf dem rechten Türflügel hat Hildegard Bienen die Pfingstgeschichte abgebildet: es kamen Zungen „wie von Feuer“ auf die Jüngerinnen und Jünger Jesu herab. Und der Geist Gottes erfüllt die Menschen.  Auch hier in der Pfingstgeschichte ist das Feuer seltsam geheimnisvoll: Sahen die Menschen etwas vom Feuer? Hörten sie etwas? Das Wort von den „Zungen“ bedeutet so etwas wie Sprache. Der Gottesgeist ist auch hier nicht der handgreiflich Sichtbare, aber doch der, der sich den Menschen erfahrbar macht. Auch der Gottesgeist ist reinigend und erleuchtend. Die Menschen werden „angefeuert“, „angesprochen“, „aufgefordert“, die Botschaft zu verkünden; sie werden mutig, das Feuer „facht sie an“. Und sie gehen ihren Weg in die Welt, angefeuert vom Wort Gottes. Und plötzlich wird klar, dass die Dornbusch-Geschichte und die Pfingsterzählung ganz nahe beieinander liegen: Mose wird ebenso in Bewegung gesetzt wie später die Apostel. Sie stehen für jene Botschaft, die in die Welt hinaus getragen wurde und wiederum Millionen und Milliarden Menschen angefeuert hat, sich auf Gott einzulassen, der immer da ist, wo Menschen sind.