Schweinereien.

Meine Lieblingstiere sind die Schweine; vor allem die Bocholter wissen das; denn ich hatte  damals in meinem Bocholter Pfarrgarten zwei Hängebauchschweine zu Gast. Die beiden, Jonas und Jolanthe, hatten ein ziemlich großes Gehege mit einer Holzhütte; sie wurden immer gut versorgt, und die Kinder des benachbarten Kindergartens brachten oft morgens Speisereste von zuhause mit; den beiden ging es gut. Als es im Winter 15 Grad minus waren, hatte ich Sorge um die Gesundheit der beiden Schweine, aber ein kleiner Messediener ist nach der Messe mal eben durch die Hütte der Schweine gekrochen und stellte fest: „Hier ist es kuschelig warm!“

 

Manchmal musste ich mit den Schweinen ein ernstes Wort reden, besonders wenn es sehr schmutzig war im Gehege. Wenn ich sagte „Ihr Schweine!“ blickten sie mich fröhlich an. Wenn ich aber zu ihnen sagte „Ihr Menschen!“ zogen sie sich angewidert in die dunkelste Stelle ihres Geheges zurück.

 

Schweine sind die Tiere, die dem Menschen am nächsten stehen. Das ist jetzt keine Polemik, sondern tatsächlich gehören Schweine zu den wenigen  Tierpopulationen, von denen Organe auf den Menschen transplantiert werden können, z.B. die Leber oder die Milz… Schweine, so sagen Tierexperten, verstehen die Sprache und die Zeichen von Menschen besonders gut, möglicherweise besser als sogar Hunde.

 

Schweine haben ein sehr ausgewogenes Sexualleben; sie paaren sich und bringen mehrere Junge hervor, versorgen  die kleinen Schweine sehr fürsorglich, und man hat den Eindruck, dass sie ihrem Nachwuchs sogar ein gewisses soziales Verhalten beibringen. Und was den Dreck angeht: Schweine suhlen sich nur dann im Schlamm, wenn sie wenig Raum zum Leben haben. Wenn sie Auslauf und Platz haben, gehören sie eher zu den reinlichen Tieren. Leider haben Jonas und Jolanthe keinen Nachwuchs zur Welt gebracht; ich wäre gern mal mit einem Schweinchen an der Leine durch die Fußgängerzone gegangen. Spötter behaupteten damals, Jonas und Jolanthe hätten sich den zölibatären Lebensregeln des Pfarrhauses angepasst.

 

Noch ein Wort zum Schweine-Fleisch-Verbot. Den Schweinen wird das Verbot schon recht sein. Grund für das Verbot ist ursprünglich wohl darin zu sehen, dass Schweinefleisch schnell verdarb und deswegen bei den Nomaden, die Schweinefleisch transportierten und dann aßen, schwere Krankheiten und Vergiftungen hervorrufen konnten. Es ist also wie bei vielen biblischen Verboten: Sie sind ganz normal der menschlichen Erfahrung entnommen, aufgrund solcher Lebenserfahrung erlassen, und sie wurden anschließend mit göttlicher Autorität belegt, wie man ja auch an den zehn Geboten sehen kann.

 

Der päpstliche Nuntius Fabio Chigi, der an den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden 1648 in Münster teilnahm, hat ein sehr schönes Gedicht über Westfalen und Münster geschrieben, und darin kommen auch die Schweine vor:

 

Mit seinem Horn ruft der Schweinehirt täglich die Herde zur Weide,

Früh am Morgen bereits, ehe die Sonne  erwacht.

Wenn dann der Tag sich neigt, und die Abenddämmerung der Nacht weicht,

Führt er die Schweine zurück, jedes wohin es gehört.

Scharenweise drängten sie heim, man muss wahrlich staunen:

Jedes Schwein kennt seinen Weg, jedes Tier findet den Stall.

Laut grunzt dann die dankbare Horde vergnügt ihren Beifall,

Über die Diele in Hast geht’s in die Koben hinein.

 

Offenbar hat der Kardinal nicht nur gut beobachtet, wie es in Münster zugeht, sondern er zeigt große Sympathie für die Schweine.