„Pórtico de la Gloria“ – Santiago de Compostela
Bevor wir in den nächsten Monaten wieder zu einfacheren, schlichteren Kircheportalen zurückkehren, auch hier aus unserer Gegend, möchte ich Ihnen heute mindestens einen Teil des vielleicht berühmtesten Kirchenportals in Europa zeigen: Das wunderbare Eingangsportal der Kathedrale von Santiago de Compostela in Spanien. Dieser gigantische Wallfahrtsort gehört heute zu den großartigsten geistlich-spirituellen Orten in der Welt, etwa auf einer Stufe mir Rom, Jerusalem und vielleicht auch noch Lourdes. Zigtausende von Menschen pilgern, jeder auf seine Weise, alljährlich nach Santiago im Nordwesten von Galazien. Ich bin selbst zum ersten mal Ende der achtziger Jahre dort gewesen, da war es noch ziemlich still. Dann war ich 1993 dort mit einer großen Gruppe von Pilgern, dann 1999 wohl als Höhepunkt meiner Santiago-Pilgerreisen mit 80 Gefährt(inn)en aus Bocholt und Münster-Dyckburg. Und dann noch einige Male. Das Größte: Der Festtag des heiligen Apostels Jakobus, dessen Grab man in Santiago (daher der Name) vermutet, jeweils am 25. Juli. Ich war mehrmals an diesem Tag, in dieser Nacht dort. Noch nie habe ich schönere Feste erlebt als diesen Tag mit einer wunderbaren Mischung aus weltlichem und geistlichem Geschehen. An einem der ersten Festtage, die ich dort erlebt habe, hat der damalige Kronprinz und heutige König Felipe die Festansprache gehalten, er war damals 17 Jahre alt. Grandios!
Durch das Tor der Glorie sind im Laufe der Jahre Millionen von Pilgern gegangen, und es gehört zu einer schönen Tradition, dass man sich vor dem Jakobus-Standbild in der Mitte des Portals verneigt, ihn umarmt und ruhig auch einen Kuss gibt; das ist eben Spanien. Ich wollte noch ergänzen, dass der Zustrom in Santiago in den letzten dreißig Jahren gigantisch gewachsen ist. Und das ist ja auch gut so.
Wenn man das Bild des Heiligen sieht, ist man fasziniert von seinem wunderbaren Gesicht. Ich kenne kaum eine Heiligenfigur, die soviel Ruhe, soviel Sympathie, soviel menschliche Nähe ausstrahlt wie dieser Jakobus. Und wenn die Pilger nach langer Reise hier ankommen und den Jakobus umarmen, ist das nicht nur der Höhepunkt der Wallfahrt, sondern, so hat es mir mal ein alter Mann gesagt, der Höhepunkt seines Lebens.
Der Pórtico de la Gloria öffnet dem Pilger den Weg in eine neue Welt, und die hat man so wohl nicht vermutet. Das Innere der Kathedrale macht sprachlos. Und manchmal wird bei großen Gottesdiensten das berühmte Weihrauchfass geschwenkt; es ist nicht nur ein Symbol der betenden Ehrfurcht, sondern hatte früher einen ganz praktischen Zweck. Weil die Pilger oben auf den Emporen der Kathedrale übernachteten – und sich natürlich wochen- und monatelang nicht gewaschen hatten, wurde mit dem Weihrauch die Luft desinfiziert. Heute hat Weihrauch meistens eine andere Bedeutung.
Bildnachweis: Harald Brünig (http://www.portalsaeule.de)