Das Abendmahlsbild in Bergamo
Das war also die große Aktion der Frauen, die eine Woche lang intensiv und längere Zeit ebenso engagiert für das Recht der Frauen auf kirchliche Weihen kämpften. Der Mut der Frauen war in einer männerdominierten kirchlichen Gesellschaft bewundernswert; ob der Protest zielführend war?
Hätten die Frauen ihr Anliegen aus der Bibel begründen sollen? Bloß nicht! Wer die Texte besonders bei Paulus nachliest, der bekommt das Grauen. Kürzlich waren in einem Leserbrief in der Süddeutschen Zeitung einige Texte zusammengestellt: „Dass eine Frau lehrt, erlaube ich nicht, auch nicht, dass sie über ihren Mann herrscht; sie soll sich still verhalten.“ ( !.Tim 2,11) „Eine Frau sei ihrem Mann untertan, solange er lebt; das verlangt das göttliche Gesetz.“ (Rom 7,2) „Die Frau ist der Abglanz des Mannes.“ (1 Kor 11, 7) Auch die frühe Kirche hat so gedacht, übrigens später auch Martin Luther; in Luthers Nachfolge ist allerdings die evangelische Kirche nicht davor zurückgeschreckt, Frauen in kirchliche Dienste gleich den Männern einzusetzen.
Oder sind die Frauen von Maria 2.0 ein bisschen zu behutsam im Umgang mit der Bibel gewesen? Gewiss, ich habe vor einigen Monaten die Meinung eines katholischen Bischofs gelesen, Frauen dürften keine Priester werden, weil ja auch beim letzten Abendmahl nur Männer waren. War der Hochw. Herr denn selbst dabei? Woher weiß der das? Außerdem dürften in dieser Argumentationskette nur Fischer geweiht werden, und zwar jüdische. Nein, wir wissen, nicht zuletzt aus Hinweisen von drei der vier Evangelisten, dass das Abendmahl ein Pessachmahl war, also eine Familienfeier. Unmöglich sich vorzustellen, dass Jesus mit einer Männergruppe Pessach gefeiert hätte, die Frauen und Kinder aber hätten allein zuhause Pessach gefeiert? Unmöglich! Da ist auch Leonardo da Vinci im Irrtum, wenn er das Bild vom Abendmahl, so wunderbar es auch sein mag, so malt, als ob die Apostel wie die Richter beim Bundesverfassungsgericht in Karlruhe gesessen hätten.
Aber ich habe vor einem Jahr ein herrliches mittelalterliches Bild in einer der wunderbaren Kirchen in der Oberstadt von Bergamo gesehen. Es ist 1585 von dem Maler Francesco da Ponte im Jahr 1585 gemalt: ein großes Altarbild an einem der Seitenaltäre. Da ist richtig Power. Frauen stehen in Gruppen herum, Jesus feixt mit einem Halbstarken. Ein anderes Kind imitiert den Judas, der seinen Geldbeutel vergeblich zu verstecken sucht. Unter dem Tisch fressen zwei Hunde aus einer Schale… usw. So oder ähnlich geht Pessach! Herrlich! Warum geht ein solches Bild vom Pessachmahl am Abend vor Jesu Tod nicht in unser Bewusstsein ein? Insofern wäre es toll gewesen, wenn die Theologen an diesem wunderschönen Bild Maß genommen hätten, vorausgesetzt, man braucht dafür ein Bild, und es genügt der gesunde Menschenverstand dafür nicht.
Ulrich Zurkuhlen
Bildquelle: Author Sailko https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Francesco_bassano_il_giovane,_ultima_cena,_1584,_01.JPG