Bocholter Messdiener im Kölner Dom
Richtig! Ein ähnliches Bild haben Sie an dieser Stelle schon mal gesehen. Das war vor genau fünf Jahren, und das Ereignis, um das es geht, war fast auf den Tag genau vor 35 Jahren. Das war damals eine Sensation. Wir hatten in der Herz-Jesu-Gemeinde in Bocholt, einer ganz außerordentlich aktiven und ideenreichen Gemeinde, die nicht mehr existiert und deren profanierte Kirche in diesem Jahr „platt gemacht“ wird, eine ungewöhnlich große Zahl von sehr aktiven Messdienern. Jeden Freitagabend trafen sich die zahlreichen Gruppenleiter in einem eigens dafür eingerichteten „Räumchen“ im Pfarrheim, und da wurde ernsthaft gearbeitet: viel Fragen der pädagogischen Arbeit wurden diskutiert und in Rollenspielen dargestellt, natürlich auch, wie man manche schwierigen Glaubensfragen vereinfachen und somit auch jüngeren Kindern vermitteln kann. Übrigens dauerten die Abende immer exakt von 20 bis 21.30 Uhr, und punkt 21.30 Uhr kam die Bierkiste auf den Tisch, keine Minute eher und auch keine Minute später.
Einmal im Monat war „Brainstorming“, und es gab viele tolle Ideen, von denen etliche auch verwirklicht wurden. Und einer, der aus irgendeinem Grund den Spitznamen „Columbo“ trug, schlug vor: „Wir müssten mal mit allen unseren Herz-Jesu-Messdienern im Kölner Dom die Messe dienen“: Großes Erstaunen! Darauf war noch nie einer gekommen! Ich habe am nächsten Tag den Kölner Dompropst, den ich gut kannte, angerufen und ihm unseren Wunsch vorgetragen. Er war, womit ich gar nicht gerechnet hatte, begeistert. Und am nächsten Tag rief er mich an und sagte: „Am übernächsten Sonntag feiert Kardinal Höffner selbst das Hochamt im Kölner Dom, dann könnt Ihr doch kommen.“ Ich war begeistert, und alle anderen auch. Aber jetzt kam viel Arbeit auf uns zu: Wer fährt von den Messdienern mit? Wie geht die Vorbereitung? Wer bestellt den Bus? Es war alles sehr einfach: Es meldeten sich fast alle 120 Messdiener (leider keine Mädchen, denn Messdienerinnen waren damals blödsinnigerweise verboten; heute würde ich mich über dieses Verbot hinwegsetzen.) Und aus allen Bocholter Gemeinden wurden Messdiener-Gewänder entliehen, und tatsächlich trugen in Köln alle 120 Herz-Jesu Messdiener weiße Kutten.
Wir fuhren in zwei Bussen und zogen uns in der Domsakristei um. Ein Prälat frage: „Kommt ihr alle aus derselben Stadt?“ und die Messdiener grinsten und sagten nicht ohne Stolz: „sogar aus derselben Gemeinde!!“ Ich glaube, das hat uns der hohe Würdenträger nicht geglaubt, dass aus einer knapp 4000-Seelengemeinde 120 Jungen als Messdiener aktiv waren.
Es war ein herrliches Fest, und es gibt davon viele Fotos. Nach der Messe führten uns die Kölner Dommessdiener in kleinen Gruppen durch und über den Dom, und den Blick oben von dem hohen Umgang im Innern, von wo aus man die Menschen im Dom nur mit einem Fernglas sehen konnte, war ein ungeheurer Eindruck. Wir waren zum Essen im Maternus – Haus eingeladen, und anschließend empfing der Kardinal die tolle Truppe und schenkt allen zur Erinnerung ein kleines Kreuz; das zeigt unser „Bild des Monats“. Liebe ehemalige Messdiener! Tragt doch mal wieder das Geschenk vom Kardinal Höffner in aller Öffentlichkeit!
Das alles war am 27. Januar 1985. Dass wir auf dem Rückweg nach Bocholt eine Bus-Panne hatten, ist dabei völlig unwichtig. Und jetzt kommt noch etwas Wichtiges: Diese Messdienerfahrt nach Köln war für mich das eindrucksvollste Erlebnis in meinen 54 Priesterjahren. Und für viele Messdiener war es das auch. Schade, dass wir heute davon träumen müssen, denn in der Realität der immer jugendärmeren Kirche gibt es das nicht mehr.