Römische Messdiener
Dieses Bild, ein Diapositiv, habe ich vor 64 Jahren in Rom fotografiert. Es war meine erste Romfahrt, der später zahlreiche andere folgten. Damals – ich war noch Schüler auf dem Laurentianum in Warendorf – bot der Jesuitenpater Clemente Pereira eine Fahrt mit einem Schüler-Sonderzug nach Rom an. Der Pater war uns bekannt von religiösen Schulwochen, er war uns in Sachen Religion ein guter Berater. Wir fuhren also mit einem ganz vollen Zug nach Rom, wo wir in einem Jesuiten-Kolleg untergebracht wurden und zu jeweils 30 bis 40 Jungen in Schlafsälen übernachteten. Wir haben viel von Rom gesehen, besonders die sieben Hauptkirchen, das Forum Romanum, Colosseum usw. Im Kreuzgang der Kirche Santa Croce habe ich dann dieses Foto gemacht, ein Freund hatte mir seine Kamera geliehen. Im gleichen Jahr noch hat mir das „Christkind“ eine eigene Kamera geschenkt, damit habe ich Lauf von über 60 Jahren tausende von Dias und Papierbildern gemacht. Das Bild ist ein bisschen nachgedunkelt.
Die vier römischen Messdiener wussten wohl, dass sie ein interessantes Objekt für Fotografen waren. Und ich habe inzwischen gedacht: Wenn die Kerle damals so um die zehn oder zwölf Jahre alt waren, sind sie inzwischen, so wie ich auch, alte Männer. Ob sie noch leben? Ich schließe sie gern in meine Gebete ein.
Ein besonders starkes Erlebnis war damals, also 1956, die Osternacht im Collegium Russicum. Unser Religionslehrer Laurenz Schmedding hatte uns gesagt, wenn wir eine ganz besonders schöne Osternacht miterleben wollten, sollten wir nicht in den Petersdom, sondern ins Russicum gehen: Osternacht im russischen Ritus. Sie fing um 22:00 Uhr an und endete am Ostermorgen gegen 6:00 Uhr, ein ganz unglaubliches, unvergessliches Ostererlebnis mit viel Gesang. Als wir morgens die russische Kirche verließen, war es bereits hell, und die italienischen Soldaten auf der Straße riefen uns einen Ostergruß zu.
Messdiener – und seit etwa 30 Jahren auch Messdienerinnen – sind äußerst wichtige Menschen in der Liturgie der Kirche. Als ich vor vielen Jahren meinen Patenjungen fragte, ob er nicht auch Messdiener werden wollte, sagte er: „Du kannst Dir die Sachen doch selber holen!“ Und er ist kein Messdiener geworden. Natürlich kann ich mir die „Sachen“ bei der Messe selber holen, kein Problem. Aber die Funktion der Messdiener ist es ja nicht, den Priester zu bedienen, sondern sichtbare Repräsentanten des jüngeren Teils der Kirche zu sein. Berühmte Leute (z.B. Thomas Gottschalk, Jürgen von der Lippe usw.) haben erzählt, wie der Messdienerdienst ihr erster Auftritt vor einer großen Menschenmenge war und dass sie dadurch auch die Angst vor Menschen verloren haben. Aber jedenfalls: Messdiener zeigen, dass die junge Generation ein äußerst wichtiger Bestandteil der dienenden Kirche ist.
Ich gestehe, dass ich deshalb ein bisschen kritisch bin, wenn „Senioren-Messdiener(innen)“ den Kindern und Jugendlichen den „Dienst am Altar“ abnehmen. Früher gab es sogar eine „Ministrantenweihe“; kurz vor meiner Priesterweihe habe ich diese Weihe empfangen. Ich bin also tatsächlich ein geweihter Messdiener. Schade, dass diese Weihe abgeschafft wurde vor etwa 30 Jahren. In einer Eingabe an den „Synodalen Weg“ habe ich vor wenigen Wochen vorgeschlagen, diese „Akolythen-Weihe“ für Jungen und Mädchen wiedereinzuführen. Hoffentlich wird’s was!
Ulrich Zurkuhlen