David tanzt vor der Bundeslade
Sie erinnern sich an David? Jugendlicher Kriegsheld, Sieger im Kampf mit der Übermacht, Befreier Israels, Zukünftiger Heilsbringer, Vorfahre Josefs und Jesus – und ein tiefreligiöser Mann. Ich habe vor vierzig Jahren (mit dem Auto!) die Stätten besucht, besonders in Jerusalem, wo David, so erzählt man sich, den Beginn dieser herrlichen Stadt gemacht hat, etwa tausend Jahre vor Christus. Ja, ich möchte fast sagen: Man spürt in Jerusalem noch den Atem dieses herrlichen jungen Königs.
Die meisten Menschen – Christen – kennen ja die Geschichte, in der David den übermächtigen Philister-Feind besiegt, und man kennt die Geschichte, wo David vor Saul die Harfe spielt. Toll!
Leider ist die Geschichte weniger bekannt, in der die Bundeslade wieder in den Tempel in Jerusalem gebracht wird und David, der junge König, vor der Bundeslade tanzt. Die Bundeslade ist die handfeste Gestalt des Gotteswortes, und David ist darüber so froh und begeistert, dass er seinen Jubel im Tanz dokumentiert, und dieser Tanz wird schon ein tolles Ding sein: Ein König drückt tanzend seine Freude über das Gestalt gewordene Gotteswort aus. Im 2. Samuelbuch wird sogar erzählt, dass unter Davids Leitung das ganze Volk Israel mit „Jubelgeschrei“ die Bundeslade herauf gebracht habe.
Wir wollen an dieser Stelle nicht näher untersuchen, ob sich die Bundeslade heute tatsächlich in einem äthiopischen Kloster befindet, total abgeschirmt gegen die Öffentlichkeit. So wird es ja erzählt.
Aber der tanzende David ist eines der wunderbaren Motive auf dem Domportal in Augsburg; es ist leider ziemlich unbekannt, aber wunderschön. An die Stelle des alten Bronzeportals wurde anstatt des Bronzeportals aus dem 11. Jahrhundert, das aus konservatorischen Gründen in das Museum St. Afra und St. Ulrich verlegt werden musste, das neue Portal geschaffen. Erst seit wenigen Jahren befindet sich am Domportal das neue Bronzeportal des Bildhauers Max Faller. Für mich ist es eines der schönsten religiösen Kunstwerke in Deutschland. 28 Bronzereliefs zeigen Szenen aus der Heilsgeschichte unseres Glaubens. Das wunderbare Portal zeigt, dass auch für Menschen des 21. Jahrtausends der Weg zur Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen offen steht.
Eines der 28 Reliefs ist also der Tanz des David mit der Harfe vor der Bundeslade. Können Sie auch die anderen Bilder erschließen.
Und nun frage ich mich manchmal, warum wir eigentlich den religiösen Tanz aus unserer Liturgie verbannt haben. Ich habe vor etlichen Jahren mal eine Tanzlehrerin aus Freising/Bayern eingeladen, in unserer Gemeine den liturgischen Tanz zu üben. Wunderbar! Bekannte Lieder wurden in Tanz umgesetzt; in Jugendmessen haben wir das immer noch getan.
Und jetzt stelle ich mir vor, bei der Fronleichnamsprozession würden Priester, Messdiener und andere Teilnehmenden vor der Monstranz mit dem geweihten Brot tanzen. Das wäre doch herrlich. Was David konnte, können wir doch auch. Oder?
Ulrich Zurkuhlen
Bildnachweis: Wikimedia Max Faller