Don Roberto Malgesini
Schade, dass wir der Märtyrer unserer Zeit so wenig gedenken, obwohl doch gerade sie es verdient hätten. Wer spricht heute noch von den zwanzig koptischen Märtyrern, die vor zwei Jahren ihres Glaubens wegen von islamistischen Radikalen in Nordafrika getötet wurden. Wer spricht noch von dem französischen Priester Jacques Armel, der während des Gottesdienstes von einem radikalen Islamisten umgebracht wurde: Echte Märtyrer unserer Zeit, die uns doch viel mehr am Herzen liegen müssten als die Märtyrer der christlichen Frühzeit, von denen es bisweilen nette Legenden gibt, aber von denen wir nicht immer wissen, ob sie tatsächlich gelebt haben.
Don Roberto Malgesini hat gelebt, und zwar bis zum 15. September 2020, als er ermordet wurde. Ich habe zufällig von ihm in einer österreichischen christlichen Zeitung gelesen, hier in unseren Medien las und hörte ich noch nichts von ihm.
Er war der Seelsorger der Obdachlosen, Randmenschen, Armen, Migranten in Como, Italien. Er war gerade 51 Jahre alt, sein Bild strahlt Menschlichkeit und Sympathie aus. Er war ein „Jesus-Freak“, der von seinem Bischof freigestellt war für diese überaus wichtige Seelsorge an den Ausgestoßenen. Der Priester wird in eine Diskussion verwickelt. Ein Migrant aus Tunesien behauptet, der Priester wolle ihn abschieben; es gebe eine Verschwörung. Ein armer, kranker Geist! Plötzlich zieht der tunesische Migrant ein Messer und sticht dem Priester dreimal zwischen die Rippen. Don Roberto stirbt dort, wo er sich um die Menschen gekümmert hat: auf der Straße.
Der Bischof Cantoni eilt sofort zu Don Robertos Sterbeort. Robertos Freunde sagen, dass sie ihn schon immer für einen Heiligen gehalten haben. Sein Begräbnis wird zu einem Fest einer unüberschaubaren Masse von Menschen. Blumen, Gebetszettel und Kerzen liegen und stehen in Massen an Don Robertos Sterbeort, übrigens Menschen aus vielen Ländern. Und die Menschen weinen um ihn, diesen heiligen Märtyrer. Ein Kollege sagt später: „Don Roberto liebte zutiefst den Herrn und seine Nächsten.“ Er war demütig und einfach, so beschreiben ihn die Menschen. Er lebte in einem kleinen Wohnraum. Schon um vier Uhr morgens kochte er Kaffee und brachte ihn zu den Menschen. Er war der Freund der Menschen. Er sorgte dafür, dass Ärzte die Armen kostenlos behandelten.
Warum werden in den letzten Jahren Päpste heilig gesprochen, und nicht solche wunderbaren Menschen wie Don Roberto Malgesini, von dem sein Bischof sagte: „Er ist ein Heiliger vor unseren Türen, ein Märtyrer der tätigen Liebe.“
Ulrich Zurkuhlen