Hans Küng ist gestorben – eine Erinnerung
Der Tod von Hans Küng hat viele Menschen sehr bewegt, auch mich. Ich bin sehr traurig über sein Sterben, und ich meine, dass er vielen Menschen, auch mir, sehr fehlen wird.
Die Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“ schrieb als Untertitel des Nachrufs: „Wir trauern um Hans Küng. Aber vor allem sind wir dankbar für das, was er uns gelehrt und geschenkt hat.“ Das ist wahr. Wir Theologen, soweit wir nicht amtlich verbohrt waren, haben von Hans Küng großen Gewinn gehabt. Wenn ich ein theologisches Problem hatte – und habe -, oder wenn ich in einem Glaubens-Gesprächskreis eine theologische Klärung brauchte, habe ich nach der vielfältigen theologischen Literatur von Küng gegriffen. Unter den zahlreichen Büchern war für mich besonders hilfreich das Buch „Credo“, in dem Küng das Apostolische Glaubensbekenntnis ausgelegt und gedeutet hat. Der Preiszettel auf der Rückseite ist noch in DM ausgestellt, ich habe das Buch also schon einige Jahrzehnte. Zurzeit lese ich noch mal das 4. Kapitel „Höllenfahrt – Auferweckung – Himmelfahrt.“
In Leserbriefen verschiedener Zeitungen schreiben Menschen u.a.: „Nun, da Hans Küng nicht mehr reden kann, würdigt auch die Deutsche Bischofskonferenz sein Wirken als Priester und Wissenschaftler. Es sei Küng ein Anliegen gewesen, „die Botschaft des Evangeliums verstehbar zu machen und ihr einen Sitz im Leben der Gläubigen zu geben“. Wie so oft in der Geschichte der katholischen Kirche erfolgt die Würdigung großer Denker und Theologen erst nach deren Tod.“ Wie wahr! Darüber ärgere ich mich, dass Küng zu Lebzeiten von der Kirchenleitung übel behandelt wurde, z.B. sein Vorlesungsverbot, und jetzt erst gelobt wird.
Küng ist in den harten Konflikt mit der Kirche geraten, als er das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes in Frage stellte. Wer tut das nicht? Ist es verstehbar, dass ein Bischof, der schwach und fehlbar wie alle anderen Menschen ist, mit der Wahl zum Papst mit „Unfehlbarkeit“ ausgestattet wird? Und von wem?
Küng sei der bedeutendste katholische Theologe seit den 60er Jahren, schreibt ein Leser der Süddeutschen Zeitung. Und dann hat Küng sich den anderen großen Religionen deutend und sympathisierend zugewandt. Küng sagte einmal: „Der Weltfrieden ist nur durch Zusammenarbeit aller Weltreligionen zu erreichen.“ Wie recht er doch hatte! Seine theologischen Werke über die nichtchristlichen Weltreligionen sind wunderbar.
Ein Leser weist darauf hin, dass schon Forderungen bzw. Vorschläge zu innerkirchlichen Reformen schon vor 50 Jahren von ihm kamen, z.B. die innerkirchliche Gleichberechtigung der Frau und etliche andere. Er scheiterte an der Sturheit römischer Beamter, die ihm theologisch nicht gewachsen waren. Er war für Meinungsfreiheit, Reformbereitschaft und Zukunftsorientierung der Kirche.
Ein Satz, der nicht von Hans Küng, sondern von einem anderen berühmten Theologen kommt, trage ich immer in einem Etui bei mir: „Über dem Papst als Ausdruck für den bindenden Anspruch der katholischen Autorität steht noch das eigene Gewissen, dem zuallererst zu gehorchen ist, notfalls auch gegen die Forderung der kirchlichen Autorität.“ Könnte von Hans Küng sein, stammt aber in Wirklichkeit von …na?…Josef Ratzinger! Vielleicht standen sich die beiden doch näher, als wir es wahrnehmen konnten. Der Satz von Ratzinger könnte gut von Küng stammen!