Autonummern

Das war immer ein lustiges Spiel, wenn wir z.B. auf Klassenfahrten den Kennzeichen der vorbeifahrenden Autos eine bestimmte, meistens etwas bösartige Bedeutung gaben, wer als erster das Kennzeichen „entschlüsselt“ hatte, wurde mit einer Kleinigkeit belohnt. Z.B. WAF: „Wir armseligen Fahrer“;

COE: „Chaos ohne Ende“; RÜG: „Raser über Gebühr“. nur einige Beispiele von diesem heiteren Spiel  Bei den Autos aus Stuttgart oder Bad Segeberg waren die jungen Leute etwas zurückhaltend, aber sie kicherten dann in sich hinein. Und die Autonummer von Ahaus AH übergingen wir schweigend, ohne sie zu entschlüsseln.

Warum ich das schreibe? Weil es mich heute manchmal noch reizt, solche fiktiven Zusammenhänge herzustellen. Vor wenigen Tagen war vor mir ein Auto mit der Steinfurter Nummer ST-AU; wenn das auf unseren viel befahrenen Straßen nicht ein deutlicher Hinweis ist.  Und dann stand ich vor einer geschlossenen Bahnschranke plötzlich hinter einem Beckumer Auto mit dem Kennzeichen BE-TE. Ist das nicht toll? Da fordert mich ein mir völlig unbekannter Autofahrer freundlich zum Gebet auf: Bete!

Es erinnert mich an eine Fronleichnamesprozession vor etlichen Jahren, als die Messdiener den Leuten, die am Straßenrand standen und der Prozession einigermaßen teilnahmslos zuschauten, ein Transparent zeigten, auf dem stand: „Wir beten auch für euch!“ Und sie haben es nicht nur gezeigt, sondern auch getan, was sie da zeigten.

Ja, ich habe vor der geschlossenen Bahnschranke dem Wunsch des Beckumers entsprochen: für ein gutes und möglichst gefahrloses Miteinander aller Verkehrsteilnehmer habe ich gebetet, für Frieden und Versöhnung, und natürlich auch für diesen Menschen, der mich zum Beten ermutigte. Und ich habe festgestellt, dass es bei Wartezeiten im Straßenverkehr sehr sinnvoll sein kann, gedanklich ein kurzes Gebet zu spreche.  Machen Sie mit?


                                                                            Ulrich Zurkuhlen