Leitkultur?

Vor einiger Zeit habe ich mit jungen Leuten lange und intensiv darüber diskutiert, warum die heutige Jugend – wobei die altersmäßige Grenze nach oben ungenau ist -, anders ist als vorige Jugendgenerationen. Auch wenn keiner der Jugendlichen davon überzeugt war, die „letzte Generation “ zu sein: Sie machten sich zumeist Sorgen um ihre Zukunft, und das kann ich gut verstehen: Angst vor Krieg hier in Europa; Angst vor der großen, weltweiten Klimakatastrophe; Angst vor sich schnell und weltweit ausbreitenden unheilbaren Epidemien; — und Angst vor dem Verlust lieber Menschen, also die Angst vor Einsamkeit. Ich kann das gut verstehen , denn unsere Nachkriegsgeneration war weitgehend optimistisch, jedenfalls nach dem Motto: Schlimmer kann es nicht kommen.

Aber wie ist es zu erklären, dass viele junge Leute den Kontakt zur Kirche verloren haben? Ganz einfach: Man traut der Kirche nicht zu, die weltweiten Probleme lösen zu können. Einer sagte mir, die alten Männer der Kirche wüssten ja gar nicht, wo die großen Probleme seien; welcher Bischof, so sagte einer, weiß Genaues über das weltweite Klimaproblem – und über die Mentalität heutiger Jugendlichen.

Die Süddeutsche Zeitung schrieb kürzlich in ihrem eher polemisch gemeinten Leitartikel, die Grundpfeiler unserer heutigen Leitkultur seien Bier, Bratwurst und Bundesliga. Das zu sagen ist gemein. Aber wenn es so wäre, beträfe es nicht nur junge Leute.

Apropos Bundesliga: Wo ich dies schreibe, sehe ich mir im Fernsehen die Spiele der Fußball-EM 24 an, sowohl in den Stadien als auch beim gemeinsamen öffentlichen Fernsehen. Das ist wirklich faszinierend. Und einer sagte mir – und die anderen bestätigten das , etwas Schöneres als dieses Freudenfest könne er sich nicht vorstellen: Wie sich die Leute begeistert in den Armen liegen, wie sie gemeinsam singen, wie sie bei den Liedern tanzen und springen.. Ja, das stimmt! Und wenn Jugendliche dagegen die Müdigkeit, Trostlosigkeit und Passivität etwa bei Gottesdiensten erlebten, dann sei doch klar: Das sei nicht die Welt der jungen Leute. Und dass in der Kirche heute Jugendliche überhaupt keine wichtige Rolle mehr spielten, sei auch ein Stück dieser Abkehr von der Kirche, also nicht Unglaube, sondern totale Bedeutungslosigkeit. Und ich erinnere mich gut an eine meiner früheren Gemeinden, wo bei jedem Beschluss des Pfarreirates gefragt wurde: „Und was sagen die Gruppenleiter der Messdiener dazu?“

Es hat sich viel geändert, nicht nur zum Guten! Das spüren junge Leute ganz besonders.

Noch eine kleine Anmerkung: Bei der Fußball-EM spielt in der spanischen Nationalmannschaft ein 16jähriger Profi. Toll! Auch bei uns sind in der Nationalmannschaft ganz junge, sehr sympathische Spieler.