Bronzeportal in Hildesheim (Ausschnitt)
Wir haben uns in den letzten Jahren oft mit herrlichen Bronzeportalen beschäftigt, sowohl in bzw. vor romanischen Kirchen als auch an sehr modernen Kirchen. Sehr eindrucksvoll ist in diesem Zusammenhang der Dom zu Hildesheim aus romanischer Zeit, der ein unübertroffen wunderbares Portal hat. Und das Tolle daran ist: Aus den vielen biblischen Darstellungen könnte man eine ganze Bild-Bibel machen, dabei aber nicht einfach jeweils das Bild zeigen, sondern zu verstehen versuchen, welche Interpretation der Künstler damit verbunden hat. Das ist auch wohl die Absicht: Einerseits die Ganzheit der biblischen Botschaft zu zeigen, besonders auch für die vielen, die damals noch nicht lesen und schreiben konnten. Eine andere Weise, die Bibel in ihrer Fülle bildlich darzustellen, sind ja die herrlichen Kirchenfenster, z.bsp. in Chartres.
Zurück nach Hildesheim: Aus der großen Zahl von Abbildungen, von denen ich etliche selbst fotografiert habe, habe ich dieses Motiv herausgesucht, weil es wirklich sehr ungewöhnlich, einzigartig ist. Es zeigt den aus der Passionsgeschichte sehr bekannten Pilatus, der Jesus zum Tode verurteilt. Links von unserem Bild ist Jesus dargestellt, der von einigen Soldaten festgehalten wird. Aber die Geste des Pilatus ist eindrucksvoll: Er zeigt auf Jesus, auf den allein kommt es an. Pilatus hat kapiert: Hier spielt ein Stück Weltgeschichte. Und der Blick von Pilatus geht nach oben! Warum wohl?
Aber sehr auffällig ist das Wesen rechts von Pilatus, dass sich sogar irgendwie an Pilatus festklammert. Ein Mensch, ein Tier? Es ist der Teufel! Damit hat der Künstler wiederum eine sehr bemerkenswerte Deutung geliefert. Der Teufel ist schuld! Pilatus ist ein vom Teufel getriebener, das scheint auch sein Blick zu verraten. Er ist von dem Einfluss des Teufels keineswegs begeistert, aber er wird vom Teufel gedrängt.
Eine ähnliche Interpretation der Pilatus-Geschichte habe ich noch nicht gesehen.