Das sieht man ihm nicht an.
Die Erstkommunion-Vorbereitung war in das Endstadium gekommen; noch vier Wochen bis zum Fest; die Vorfreude war groß. Ich bat die Kinder, zum nächsten Treffen etwas mitzubringen, was ihnen sehr wichtig ist. Sie sollten dann bei dem Treffen ihr „Ding“ erklären und sagen, warum ihnen das so wertvoll ist, und dann natürlich wieder mit nach Hause nehmen. Auf diese Stunde freue ich mich bei jeder Kommunion-Gruppe ganz besonders.
Und dann kamen sie. Ein kleines Mädchen hatte einen schon ziemlich abgegriffenen Stoff-Hasen mitgebracht. Warum denn dieser Hase für sie so wichtig sei, habe ich sie gefragt. Und dann hat sie uns erklärt, dass sie den Hasen zur Taufe von der Patin geschenkt bekommen habe, und die Patin sei im vorigen Jahr gestorben. „Denn würde ich nie abgeben, auch nicht für 1000 Euro“, sagte sie, und ich konnte ihr das gut glauben.
Ein Junge brachte einen völlig zerzausten Ball mit, und die anderen lachten schon; der sei doch keine 50 Cent wert, meinte ein anderer; aber der, der den Ball mitgebracht hatte, sagte, für ihn sei er „unheimlich kostbar“, weil er mit diesem Ball vor Jahren im Kindergarten ein Spiel gegen viel Ältere gewonnen habe. Ein anderer hatte ein Bild mitgebracht, das er mit zwei Jahren gemalt hatte und seiner Mutter geschenkt habe. Einer brachte eine Tafel Schokolade mit; die habe er von seinem besten Freund, er esse sie nicht, denn sie sei doch ein Geschenk.
Eine Frau hat mir vor Jahren eine Fotografie gezeigt; auf dem Bild war ein Soldat mit seiner Familie zu sehen; in dem Foto war ein kleines Loch. Die Frau erzählte mir, dass das ihr Vater sei; er habe im Krieg das Bild in seiner Brust-Tasche gehabt, als eine Kugel durch das Foto in sein Herz drang und ihn tötete. Dieses Bild sei ihr Heiligtum, es habe für sie unendlichen Wert, sagte mir die Frau.
Das Zeichen der Eucharistie ist ein bisschen Brot, wie auf unserem Bild des Monats. Es hat nur einen ganz geringen materiellen Wert. Aber indem das Brot durch die Worte Jesu, die nachgesprochen werden, zum Zeichen der Gegenwart Jesu wird, bekommt es einen ungeheuren inneren Wert. Das Äußere ist unscheinbar, aber das Innere ist gewaltig. Man sieht dem Brot den inneren Wert nicht an. Ob das Brot auf unserem Bild gewöhnliches Brot ist oder heiliges Zeichen der Gegenwart Jesu, sieht man dem Brot nicht an; es muss einem gesagt werden; das geschieht bei der Eucharistiefeier durch die Worte Jesu. Wer die Worte nicht gehört hat, weiß nichts von dem Brot, außer dass es Brot ist. Mehr nicht! In seiner äußeren Beschaffenheit ist das Brot der Eucharistie so wie das Brot im Brotkasten der Sakristei. Aber wenn das Brot verwandelt ist, wird es in einem goldenen Kasten aufbewahrt; dort ist ein Ort des Gebetes.
Ich habe neulich im Fernsehen einen Mann gesehen, der klein und schmächtig war, aber der Bretter mit der Hand durchschlagen konnte. Man sah dem kleinen Mann gar nicht an, welche Kraft in ihm steckt.
Kürzlich traf ich einen früheren Schüler; er sah aus wie immer, aber er erzählte mir, dass er seit Kurzem Vater sei. Das sah man ihm nicht an, aber das hat ihn verwandelt und ihm eine ganz neue Qualität gegeben, ein neues Wesen.
Ich hatte übrigens den Eindruck, dass die Kinder verstanden hatten, was mit Dingen ist, die äußerlich ganz unscheinbar, aber innerlich von unschätzbarem Wert sind. Es war eine wichtige Erkenntnis für die Kinder; jetzt sind sie reif für die Erstkommunion.