Lievelde.

Wir waren wieder in Lievelde. Wir, das sind einige Familien, die aus der Bocholter Herz-Jesu-Gemeinde stammen, und ich. Wir haben mit den Kindern ein langes Wochenende mit Diskussionen, kreativen Aktionen, mit Gottesdiensten, Gebet und vielen Gesprächen verbracht. So machen wir es seit 1993 alljährlich um den 1. Mai herum.

Am Ortsrand von Lievelde, unweit der Straße von Enschede nach Doetinchem in Holland, liegt das „Huize Loreto“, ein Kloster des Maristen-Ordens; einige Patres wohnen dort auch und bieten besonders holländischen Gruppen Tage der religiösen Einkehr an. Das Kloster wurde 1951 gebaut. Es gibt die Legende, dass eine erbenlose Bäuerin das Gelände demjenigen Orden geschenkt habe, der dort ein Kloster gründen wollte. Einige Gemeinschaften hätten abgewunken, weil sie weitsichtig an einer intensiven Zukunft gezweifelt hätten. Die holländischen Maristen sagten zu. Sie wollten ein Haus errichten, in dem die künftigen Patres für Holland und Belgien ausgebildet werden sollten, eine Art Priesterseminar: mit ca 50 Übernachtungsplätzen in sehr schlichter Art, mit Speisesaal, Tagungsräumen, Kreuzgang und einer großen, sehr schönen Kapelle. Wenn wir dort sind, versäumen wir es meistens auch nicht, einen Besuch in der etwa 20 min Fußweg entfernten Landgaststätte „Erve Kots“ zu machen; sie ist im Raum Bocholt-Borken sehr bekannt.

Unsere Tage wurden getrübt durch die Mitteilung, dass das „Huize Loreto“ am 1. Juli 2011 schließt; der Orden hat keinen Ordensnachwuchs, und die Kosten sind nicht mehr zu tragen. Ein Käufer wird gesucht, möglichst einer, der das Haus in ähnlicher Weise wie bisher weiterführen wird. Aber das ist schwierig.

Ich bin in der Adventszeit 1979, also vor über 30 Jahren, zum ersten Mal in Lievelde gewesen, damals mit vielen Jugendlichen aus der Bocholter Herz-Jesu-Gemeinde; einige, die jetzt mit dabei waren, erinnern sich an die Anfangszeit unserer Lievelde-Wochenenden. Von Bocholt aus habe ich alle paar Monate ein thematisches Wochenende mit Jugendlichen durchgeführt, für viele ist „Lievelde“ zu einem wichtigen Teil ihrer religiösen Sozialisation geworden. Auch religiöse Schulendtage habe ich dort mit Schulklassen durchgeführt. Auch der Pfarrgemeinderat hat dort mehrmals getagt. Nach meiner Versetzung nach Münster haben wir diese Tradition in ähnlicher Form mit Münsteraner Jugendlichen beibehalten und, eben seit 1993, auch wieder mit Bocholtern.

Wenn ich die Nächte, die ich in Lievelde verbracht habe, zusammen zählen würde, käme ich wahrscheinlich auf ein knappes halbes Jahr. Das ist nun vorbei. Wir werden im Februar 2011 noch einmal ein „LIevelde-Wochenende“ machen und dafür auch noch diejenigen ansprechen, die früher schon mal mit im Kloster waren. Die Entwicklung ist allerdings deshalb so bedauerlich, dass man, nach den vielen Gemeinde-Fusionen, von denen ich ja selbst auch betroffen bin, jetzt offenbar auch die Schließung wichtiger geistlicher Orte erleben muss; Lievelde war so ein Ort für viele. Geht die Kirche allmählich den Bach herunter? Hoffentlich nicht. Aber man könnte schon mutlos werden. Von den fünf Gemeinden, in denen ich im Laufe meines priesterlichen Dienstes tätig war, besteht keine einzige mehr; alle fünf sind von anderen Gemeinden geschluckt, und von dem, was mühsam, aber erfolgreich eingeführt und aufgebaut wurde, besteht vieles kaum noch. Ob der Weg richtig ist, der in den Gemeindefusionen gegangen wird? Wie wird man in 20 oder 40 Jahren rückblickend diese Entwicklung beurteilen?

„Lievelde“ wird jedenfalls in gut einem Jahr in der bisherigen Form nicht mehr bestehen; das ist traurig!