Brot ist mehr als Brot.
Kürzlich war ich im Museum für Brotkultur in Ulm; das ist ein außerordentlich interessantes Museum, in dem es um Brot in seinen vielen Varianten geht; ein Besuch lohnt sich.
Da hab ich auch das Bild gefunden, das den Titel „Arm und Reich“ trägt. Es ist von einem unbekannten flämischen Maler, etwa um 1600 gemalt und zeigt zwei Menschen: Der eine hat Brot in Hülle und Fülle und in verschiedenen Sorten, der andere hat nichts und hält seine leeren Hände hin, und ich denke an das Lied: „Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr.“
In der Tat: Wer Brot hat, ist reich; wer kein Brot hat, ist arm. Deswegen bewundere ich den Bäckermeister, von dem in diesen Tagen zu lesen war: Er verschenkt das Brot vom Vortag an Arme, und nun soll er dafür Steuern bezahlen, weil er seine „Ware“ ja vergeben hat. Zum Glück ist er nun von der Steuerpflicht „befreit“; alles andere wäre auch ein Skandal gewesen und hätte möglicherweise auch Konsequenzen für die „Tafeln“ gehabt, in denen Lebensmittel verschenkt werden, die das Fälligkeitsdatum überschritten haben, aber noch völlig in Ordnung sind für den Verzehr.
In einer Bäckerei, in der ich hin und wieder einkaufe, steht in großen Buchstaben: „Altes Brot ist nicht hart. Kein Brot haben ist hart.“
Im Alten Testament wird erzählt, dass im Tempel ein Tisch mit „Schaubroten“ stand; diese Brote wurden ausgestellt und durften von niemandem gegessen werden, außer von den Tempelpriestern. Die Schaubrote waren eine Erinnerung an die Menschen, daran zu denken, welche große göttliche Gabe das Brot ist. Deswegen wurde der Tisch mit purem Gold verkleidet. Jesus scheint wohl darauf hinzuweisen, dass die Schaubrote wohl gegessen werden dürfen von Menschen, die in Not sind und hungern.
Ein bisschen erinnert mich der Tisch mit den Schaubroten an die goldenen Monstranzen, in denen in jeder Kirche geweihte Hostien, „Schaubrote“, den Christen zur Verehrung gezeigt werden.
Brot spielt in der ganzen Bibel eine außerordentlich große Rolle und kommt in vielen Geschichten vor. In der Dyckburg-Kirche am Stadtrand von Münster wurden 1990 zwölf Fenster von Bodo Scrammgestaltet mit Brot-Motiven aus der Bibel: das Pessach-Brot; das Manna, die Gaben von Brot und Wein, die Melchidedek dem vorbeiziehenden Abraham gibt; das Brot, das Elias vom Engel bekommt; die Brotvermehrung, die ja sechsmal in den Evangelien erzählt wird; das Mahl Jesu mit seinen Jüngern; das Emmaus-Mahl; das Frühmal am See; das Mahl der ersten Christen usw. Kaum ein Motiv kommt so oft vor wie das Brotmotiv. Denn die Menschen wussten, wenn sie Brot hatten, konnten sie überleben. Wenn sie kein Brot hatten, mussten sie hungern, verhungern. Und wo Jesus in der Nähe war, brauchten sie keine Angst vor dem Verhungern zu haben. Es ist ja wichtig, dass Jesus selbst das Brot zum Zeichen seiner Gegenwart macht.
In einem Lied heißt es: „Brot ist mehr als Brot, Brot ist, was wir brauchen: Kleidung, Nahrung und ein Dach; Frieden und Gesundheit.“ Dieses Lied ist doppeldeutig: Einerseits will es sagen, dass „Brot“ ein Synonym für alles Notwendige ist. Und anderseits: Wenn wir Brot haben, haben wir das Notwendigste.
Wir in den reichen Ländern der Erde haben Brot im Überfluss; hoffentlich wird es nie weggeworfen oder vernichtet.