Eine tolle Familie.
Vielleicht hängt Ihnen Weihnachten schon zum Hals raus: Seit Monaten sehen und hören wir nichts anderes. Eine Kassiererin in einem Supermarkt sagte mir: „Wenn ich am Weihnachtstag noch mal ´O du fröhliche Weihnachtszeit´ höre, schreie ich laut; das muss ich mir nämlich schon seit Anfang November anhören.“
Möglicherweise kennen Sie die wunderbaren Bilder des Pfarrers und Malers Sieger Köder, der inzwischen hochbetagt und noch sehr kreativ ist. Mn kann seine Bilder, z.B. die Kreuzwegstationen, in manchen Kirchen sehen, aber es sind meistens Kopien. Die meisten Original-Bilder, besonders mit biblischen Themen, sind in Ellwangen und Umgebungzu finden; da ist der Maler zu Hause. In Norddeutschland findet man seine Original-Bilder selten, und soweit ich weiß ist das einzige Original nördlich des Ruhrgebiets in der St.Marien-Kirche zu Vreden. Bedauerlicherweise ist die Kirche inzwischen profaniert, man sucht noch eine geeignete Verwendung für die ehemalige Kirche, und was aus dem wunderbaren Sieger-Köder-Bild über dem Taufbecken wird, ist wohl auch noch nicht entschieden.
Passend zur Taufe zeigt das große Bild den Durchzug durchs Rote Meer aus der Exodus-Geschichte. Da wird erzählt, dass das Volk unter der Führung des Mose den mühsamen Weg von der Knechtschaft in Ägypten zur Freiheit des Gelobten Landes zieht und dabei trockenen Fußes zwischen den Wasserwänden des Meeres hindurch gehr. Ein Wunder!
Und in der Menschengruppe, die auf dem Bild durch das Meer zieht, ist auch ein Wunder: eine Familie mit einem kleinen Kind. Diese Familie ist ein wunderbares Hoffnungszeichen: Der Weg in die Freiheit ist an die Familie von Bethlehem gebunden. Beides steht in engem Zusammenhang: der Weg in die Freiheit.
Wir sind andere Weihnachtsbilder gewohnt; meistens sieht man ein Kind, oft nackt, in einem Futtertrog liegen; auch das ist sehr symbolträchtig. Oft kniet Maria daneben, und in einer Ecke sitzt ganz verschämt Josef, der oft als alter Mann dargestellt ist, wie eine Nebenfigur bei dem Geschehen; wie ein Ausgegrenzter.
Aber hier in Vreden! Da sehen wir eine harmonische Familie, die einander in Liebe zugetan ist. Josef umarmt Maria und hält seine derbe Hand auf ihrem Arm, und Maria wiederum hält in ihren Händen das Kind. Das Kind trägt einen Strampelanzug und blickt sehr vergnügt und sehr aufmerksam in die Welt, und der Blick des Kindes geht zum Betrachter, also gewissermaßen aus dem Bild hinaus zu dem hin, der das Bild betrachtet. Auf dem Bild sehen wir keinen Heiligenschein, und die Eltern des kleinen Kindes sind jung und offenbar ebenso hoffnungsvoll gestimmt wie die Leute, die das Meer wunderbar durchschreiten.
Und wenn über dem Taufbecken ein kleines Kind getauft wird, dann mag der Vergleich mit dem Täufling und dem kleinen Kind auf dem Bild ins Auge springen. Taufe ist nämlich auch ein Weg in die Freiheit Gottes, und der Weg geht auch durch das Wasser, aber nicht durch bedrohliches, sondern durch heiligendes Wasser. Dass wir, die Getauften, diesen Schritt gehen durften, verdanken wir dem Kind auf dem Bild.
Ich habe vor vielen Jahren in der Christmette am Heiligabend ein Kind getauft, das war die bewegendste Taufe meiner ganzen langen Dienstjahre. Während wir in der Taufe der Osternacht mit dem Auferstandenen verbunden werden, ist die Weihnachtstaufe die volle Identifikation mit dem Kind in Bethlehem. Die Kinder, die getauft werden, sind wohl dem Kind in Bethlehem besonders nahe.
Hoffen wir, dass wir das wunderbare Weihnachtsbild in Vreden noch lange sehen können.