Theresia von Lisieux.
In letzter Zeit war ich zweimal in Lisieux in Frankreich, wo die heilige Theresia (die „kleine“ Theresia im Unterschied zu Theresia von Avila!) verehrt wird. Therèse ist dort geboren, hat als Ordensfrau dort gelebt und ist dort im Alter von 24 Jahren gestorben. Sie wird in der Kirche als Heilige verehrt. Besonders bekannt ist das Kloster der Carmel-Schwestern, wo Therèse gelebt hat und wo sie gestorben ist. Das Kleine Modell zeigt die Klosteranlage mitten in der Stadt Lisieux.
Es gibt viele eindrucksvolle Zeugnisse ihres Glaubens und Lebens, seit ihrem Tod 1897 sind viele Schriften über sie veröffentlicht. Manches, was sie selbst geschrieben hat, ist nicht leicht zu verstehen, da ihre Sprache der unsrigen doch ziemlich weit entfernt ist.
Besonders bemerkenswert finde ich, dass sie bis zu ihrem Tod einen Glaubenskampf erlebt und erlitten hat, den sie „die dunkle Nacht der Seele“ genannt hat. Und wenn man etwas nüchterner sagt: Sie hat bis zum Tod gegen den eigenen Unglauben gekämpft. Das ist vielleicht sehr hart gesagt, aber so ist es. Der Himmel war ihr fremd geworden, sie sah keine Perspektive mehr. Aber dabei hat sie nicht resigniert, sondern hat immer wieder neue Glaubens-Anläufe gemacht. Aber es bleibt bestehen: Therèse hat tiefe Glaubenszweifel gehabt; aber sie ist daran nicht zerbrochen.
Dass das im Leben eines Christen, gerade auch des engagierten Christen, nicht selten vorkommt, ist mir bewusst geworden, als ich die Biographie ihrer Namensschwester Mutter Teresa gelesen habe. Mutter Teresa hat ebenfalls die Zweifel im Glauben sehr direkt erlebt, und sie hat in Briefen, die in der Biographie veröffentlicht sind, darüber ausführlich geschrieben. Aber sie hat in einer interessanten Konsequenz auf ihre Glaubens-Finsternis reagiert: Sie hat nicht resigniert, sondern sich dem Dienst an den Menschen gewidmet und somit zutiefst in der Weise des Auftrags Jesu gelebt, auch wenn es in ihrem Glaubensleben stockfinster geworden war.
Man könnte jetzt auch den Apostel Thomas nennen, der ja auch in einer ähnlichen Situation lebte; war er ein „ungläubiger Thomas“? Er hat später in Indien die Botschaft Jesu verkündet und ist den Märtyrertod gestorben.
Wir haben kürzlich in einem Gesprächskreis dieses Phänomen des praktischen Unglaubens im Glauben diskutiert und dabei festgestellt, dass uns allen diese Situation nicht unbekannt ist. Glaube ist offenbar für viele Menschen nicht einfach eine optimistische Begeisterung, sondern eher ein Ringen um etwas, das man gern haben möchte, aber nicht hat. An den genannten Beispielen zeigt sich, dass man Christ sein kann, auch wenn ganz oder teilweise die „dunkle Nacht der Seele“ einbricht. Das tröstet sehr; denn es ist wahrscheinlich ein typisches Phänomen unserer Zeit, dass man nicht in großer Glaubens-Sicherheit lebt, sondern sich immer wieder Fragen stellt, die nicht leicht zu beantworten sind. Das Beispiel der drei genannten Christen zeigt vor allem, dass man auch im Zweifel und in der Unsicherheit ein Christ nach dem Herzen Jesu sein kann.