„Frauenloses Abendmahl?“
Erinnern Sie sich noch? Bis zur Zeit des 2. Weltkriegs und noch ein bisschen länger war es üblich, die Frauen mit den Vornamen ihrer Männer zu bezeichnen,
z.B. Herr Wilhelm Meier und Frau Wilhelm Meier geb. Irene Müller. Auf dem Grabstein meiner Ururgroßeltern stehen die Namen „Christian Greve; Frau Christian Greve geb. Berta Wippo. So war es früher die Regel.
In der Geschichte vom letzten Abendmahl Jesu werden zwölf Männernamen aufgeführt. Ist es denkbar, dass es gar nicht alles Männer waren, sondern darunter auch Frauen den Namen ihres Mannes trugen, wie eben bei uns früher.
Ich habe in den letzten Monaten viele Abendmahlbilder angesehen. In der Tat haben die meisten Personen männliches Aussehen, z.B. mit einem Bart, aber nicht alle. Und die bartlose Person neben Jesus, die man traditionell als den Jünger Johannes bezeichnet, wird heute von manchen Exegesen als Maria Magdalena gedeutet. Für diese Deutung spricht auch, dass die Person bartlos ist, und das dürfte auch für junge Männer wie Johannes unwahrscheinlich sein; junge Männer trugen von der Pubertät an einen Bart, und Johannes auch bestimmt. Auf einem Bild aus der Sixtinischen Kapelle, das ich kürzlich in einer faszinierenden Ausstellung in Köln sah, sahen vier von den zwölf Personen recht weiblich aus.
Wichtiger ist mir aber dies: Das letzte Abendmahl war ein Pessachmahl in der Art der jüdischen Tradition; mehrere Evangelisten erwähnen das ausdrücklich. Pessach war ein Familienfest. Ich halte es für schlechthin unmöglich, dass Jesus mit einem Kreis von Männern Pessach feierte, und die Frauen und Kinder feierten zu Hause allein Pessach. Bei Pessach spielt der Familienvater eine wichtige Rolle; sollte Jesus zwölf Familien den für das Pessach nötigen Familienvater abzezogen haben?
Viele Abendmahlbilder stammen aus einer Zeit, in der Mann der Patriarch der Familie war. Diesen Eindruck kann man in manchen Evangeliumserzählungen bekommen. Aber die Apostel waren zwischendurch wieder bei ihren Familien , so z.B: Petrus, dessen Schwiegermutter von Jesus geheilt wurde.
Das Bild dieses Monats ist ein sehr „neutrales“ Abendmahlsbilder; 1963 hat es mir ein Freund zu meinem Geburtstag geschickt. Ich weiß nicht, wer der Künstler ist, aber er hat offenbar in seiner Kunsttechnik bewusst auf eine allzu maskuline Darstellung der Apostel verzichtet.
Und schließlich; Bei der Jüngerschaft Jesu, etwa 70 oder 72 Personen, werden namentlich etliche Frauen genant, übrigens mehrere „Marias“ Sollte es so gewesen sein, dass die Frauen auf der Stufe der Hierarchie unten standen und nur die Männer den Sprung zur Apostel-Karriere machten? Unmöglich!
Wie immer es gewesen sein mag: Nach 2000 Jahren taugt die Abendmahlsgeschichte auf keinen Fall als Argument gegen kirchliche Ämter der Frauen!
Ulrich Zurkuhlen