Primoz Roglic und das Kreuz.
Zugegeben: Ich habe etwas gegen Tattoos. Vielleicht auch deswegen, weil ich täglich auf der Ludgeristraße Massen von Leute sehe, die irgendwo am Körper ein Tattoo tragen. Es sind besonders junge Frauen, die vergessen haben, sich nach dem morgendlichen Duschen wieder anzuziehen. Jeder sechste Deutsche hat ein oder mehrere Tattoos, so las ich kürzlich in einer bekannten Tageszeitung. Oft, so war da zu lesen, sind es Namen und Bilder von geliebten Frauen oder Männern, denen man damit natürlich Eindruck machen will. Aber was ist, wenn man nach 20 oder 30 Jahren froh wäre, wenn man das Tattoo einer längst vergangenen Liebschaft nicht hätte; es lässt sich nur schwer und dann sehr schmerzhaft – und teuer! – entfernen.
Es gibt eine Ausnahme, das ist der slowenische Radsportler Primoz Roglic, der ganz offen auf seinem Arm ein Kreuz als Tattoo trägt. Er hat bei der Tour de France die 19. Etappe gewonnen, die startete ausgerechnet in dem berühmten Wallfahrtsort Lourdes. Wer glaubt da noch an Zufall? Rognic macht aus seinem Glauben keinen Hehl, das sieht man auf dem Bild; statt dauer- zu -grinsen, wie es oft üblich ist, hebt er den Arm mit dem Kreuz-Tatto hoch und macht ein ernstes Gesicht, als ob er betete. Respekt! So ein Glaubensbekenntnis wünsche ich mir öfter. Das Kreuz als Tattoo ist übrigens gar nicht selten; ich las, dass es im Heiligen Land schon seit 700 Jahren bekannt ist, allerdings nicht eingeritzt, sondern aufgestempelt, und meistens ist es das Jerusalemer Kreuz.
Ob der Vorschlag eines Jugendlichen allerdings besonders empfehlenswert ist, man sollte doch Babys bei der Taufe auch ein Kreuz als Tattoo einritzen, statt Wasser überzugießen, weil die Taufe genauso dauerhaft und endgültig ist wie ein Tattoo. Na ja!
Ich finde es auch sehr bemerkenswert, dass der WDR-Bulli-Fahrer Christian Dassel, der z.Zt. eine Tour durch Skandinavien zeigt, täglich in der „Aktuellen Stunde“, am Rückspiegel seines Autos einen Rosenkranz hängen hat.
Wie erbärmlich dagegen ein Interview mit einer Leichtathletin, die eine Medaille gewonnen hat. Ein Reporter hat mitgezählt, dass sie in drei Minuten 17mal das Wort „geil“ gebraucht hat, dass ja aus der Sexual- und Verdauungssprache kommt.
Da sind mir Primoz Roglic, Christian Dassel und etliche andere viel, viel lieber.
Ulrich Zurkuhlen